Unlustiger Schnüffelstoff: Folgen des Lachgas-Konsums für Gesundheit, Umwelt und Entsorgungswirtschaft
+++ BSR, Fachstelle für Suchtprävention Berlin und Interessengemeinschaft der Thermischen Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland e.V. klären im Müllheizkraftwerk Ruhleben über Risiken und Schäden durch den Konsum des Schnüffelstoffs und durch falsch entsorgte Lachgas-Kartuschen auf +++

Berlin. Lachgas macht vermeintlich lustig – doch der Name täuscht. Lachgas kommt in bunten Kartuschen mit fantasievollen Namensgebungen und Ballons daher, hat aber wenig mit einem lustigen Kindergeburtstag gemeinsam. Neben den erheblichen gesundheitlichen Risiken beeinträchtigen die oftmals achtlos im öffentlichen Raum zurückgelassenen Kartuschen nicht nur die Stadtsauberkeit Berlins, sondern führen im Falle von falscher Entsorgung auch zu erheblichen Schäden an den Entsorgungsanlagen der Berliner Stadtreinigung (BSR).
Lachgas gehört zu den sogenannten Schnüffelstoffen und wurde ursprünglich zur Narkose in der Zahnmedizin und als Treibgas, zum Beispiel in Sahnespendern, genutzt. Missbräuchlich wird es zu Rauschzwecken aus Kartuschen in Luftballons gefüllt und inhaliert. Es birgt erhebliche Gesundheitsrisiken, wie die Beeinflussung des Sauerstoffgehalts im Blut, was zur Bewusstlosigkeit führen kann. Lachgas-Konsum liegt im Trend. Die MoSyD-Studie 2024 aus Frankfurt/Main gibt für das Jahr 2023 an, dass 14 % der Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren schon einmal Lachgas probiert hatten; 3 % konsumierten es in den letzten 30 Tagen. Mitunter erfolgt der Lachgaskonsum auch mit anderen Substanzen gemischt, was weitere Risiken birgt, wie zum Beispiel eine Überdosierung.
Für die BSR, wie auch für viele andere Entsorgungsunternehmen im Bundesgebiet, haben sich Lachgas-Kartuschen zu einem ernsthaften Sicherheitsrisiko für ihre thermischen Abfallentsorgungsanlagen entwickelt. Rund 125 Kartuschen täglich sammelt die BSR im Rahmen der Müllverbrennung ein, denn oft werden diese nur teilentleert und unsachgemäß über die Restmülltonnen entsorgt und gelangen so unentdeckt in die thermischen Behandlungsanlagen. Unter der Hitzeeinwirkung in den Verbrennungsanlagen können die unter Druck stehenden Behälter dann explodieren. Die hierdurch verursachten Schäden an den Anlagen führen dann zum Ausfall von Betriebsteilen, so auch bei der BSR. Bis Mitte September gab es im Jahr 2025 im MHKW einen Ausfall von 760 Betriebsstunden aufgrund von Schäden durch Lachgasexplosionen. Dabei sind diese zudem ein ernsthaftes Risiko für die MHKW-Beschäftigten.
Unter dem Titel „Schluss mit lustig“ startete die Interessengemeinschaft der Thermischen Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland e.V. (ITAD) deswegen in diesem Jahr eine Kampagne, die über die Risiken des Umgangs mit Lachgas-Kartuschen informiert und zur richtigen Entsorgung der Behälter animieren soll.
Marc Pestotnik, Fachstelle für Suchtprävention Berlin:
„Insbesondere Kinder und Jugendliche sollten die heftigen Lachgas-Rauschzustände meiden. Gerade Mischkonsum mit weiteren Substanzen ist hochriskant. Die Verfügbarkeit von Lachgas muss zur Sicherung des Gesundheits- und Jugendschutzes strenger reguliert werden. Zudem brauchen alle Berliner*innen verlässlichen Zugang zu aufklärenden Präventionsangeboten. Hierfür ist eine sichere und bedarfsgerechte Finanzierung unerlässlich. Prävention darf kein Zufall sein!“
Martin Rudolf Renner, Leiter Thermische Abfallbehandlung der BSR: „Ich freue mich sehr, dass wir bei diesem sehr ernsten Thema in fachlich übergreifender Allianz arbeiten und informieren. Unser gemeinsamer Appell ist, am besten von vornherein auf den Konsum von Lachgas zu verzichten, um ernsthafte gesundheitliche Schäden, vor allem bei Kindern und Jugendlichen, hierdurch zu vermeiden. Aber wir appellieren auch an das Verantwortungsbewusstsein aller Konsumierenden, sich darüber bewusst zu werden, dass Lachgaskartuschen kein harmloser Restmüll sind. Sie sorgen falsch entsorgt für starke, kostspielige Schäden an unseren Anlagen und gefährden aufgrund ihrer Explosionsgefahr unsere Mitarbeitenden.“
Annika Belisle, Pressesprecherin ITAD e.V.: „Lachgas-Kartuschen dürfen nicht mehr im Restmüll landen. Die Erfahrungen anderer Länder haben gezeigt, dass ein reines Verkaufsverbot, wie in Deutschland geplant, dafür nicht ausreicht. Wir fordern deswegen ein Maßnahmenbündel, bei dem auch die Hersteller und Inverkehrbringer in die Pflicht genommen werden. Verkaufsbeschränkungen in Kombination mit einem Pfandsystem und entsprechenden Kennzeichnungspflichten auf den Produkten, sodass diese wieder sicher in den Kreislauf zurückgeführt werden – so, wie es z. B. bei CO2- oder Propangasflaschen schon lange funktioniert.“
Über die Berliner Stadtreinigung (BSR):
Die Berliner Stadtreinigung (BSR) ist mit gut 6.200 Beschäftigten das größte kommunale Straßenreinigungs- und Abfallwirtschaftsunternehmen Deutschlands. Zu ihren Kernaufgaben gehören Straßenreinigung, Winterdienst, Müllabfuhr und Abfallbehandlung: BSR-Beschäftigte halten Straßen und Plätze sauber und kümmern sich im Winter um sichere Fahrbahnen. Sie leeren die Restabfall- und Bioguttonnen sowie in einigen Stadtgebieten die Wertstofftonnen – und sind außerdem berlinweit für die Sperrmüllabholung verantwortlich. Darüber hinaus betreibt die BSR u.a. das Berliner Müllheizkraftwerk, eine Biogasanlage, eine Sperrmüllaufbereitungsanlage sowie 14 Recyclinghöfe. Die BSR ist aktive Gestalterin der Lebensqualität in Berlin – basierend auf ihren Kerngeschäftsfeldern ganzheitliche Stadtsauberkeit sowie nachhaltige Kreislauf- und Ressourcenwirtschaft. Als zuverlässige Partnerin des Landes Berlin handelt sie nach dem Grundsatz: #Gemeinsam machen wir Berlin besser, grüner und sauberer. Weitere Infos unter: www.bsr.de
Das anliegende Foto ist unter der Quellenangabe „BSR“ frei verwendbar.
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